Neu: Ein Jahr voller Wunder
Meine jüngste Übersetzung ist eine Gemeinschaftsarbeit mit meinen beiden Frankfurter Kolleginnen Katharina Schmidt und Barbara Neeb. Zum ersten Mal konnte ich bei der Arbeit Musik hören – eine wirkliche Ausnahme beim Übersetzen, bei dem ich normalerweise überhaupt keine Ablenkung vertragen kann. Doch hier ging es auch darum, die klassischen Musikstücke, die Clemency Burton-Hill für jeden Tag des Jahres vorstellt, zu hören. Nur so konnten wir die richtigen Worte für die Texte finden. So ist dann ein Schatz fürs ganze Jahr entstanden!
Clemency Burton-Hill: Ein Jahr voller Wunder. Klassische Musik für jeden Tag, Übersetzung: Barbara Neeb, Ulrike Schimming, Katharina Schmidt, Diogenes Verlag, 2019, 455 Seiten, 25 Euro
Seit dieser Woche findet sich im Handel dasBuch Ein Jahr voller Wunder der britischen Journalistin und Geigerin Clemency Burton-Hill.
Darin liefert sie für jeden Tag des Jahres ein klassisches Musikstück und erzählt dazu etwas zum/zur Komponisten/in, zur Entstehung oder zu den Besonderheiten, die mit dem Werk verbunden sind. Oft geben die Geburts- oder Sterbetage der Musiker den Anstoß, manchmal sind es Jahrestage oder Nationalfeiertage. Burton-Hill hat sich für diese Zusammenstellung mit 1000 Jahren Musikgeschichte befasst, so dass sich hier Werke von Hildegard von Bingen aber auch von Max Richter finden. Von Mozart, Bach und Beethoven oder italienischen Opernkomponisten ganz zu schweigen. Aber auch ziemlich unbekannte Komponistinnen sind dabei – beispielsweise Emahoy Tsegué-Maryam Guèbrou, eine Nonne aus Äthiopien.
Die Diversität in der klassischen Musik
Hier finden sich romantische Lieder aus Deutschland, Klaviersonaten und -konzerte aus aller Welt, traditionelle Volksweisen, Chormusik, aber auch Film- und Zwölftonmusik.
Aarvo Pärt wird genauso gewürdigt wie Frank Zappa, Frauen so wie Männer. Burton-Hill legt Wert auf Diversität, erzählt von Komponistinnen mit Behinderung oder trans Komponistinnen. Bei ihr ist die klassische Musik keine angestaubte Konzerthalle alter weißer westlicher Männern, sondern eine bunte Mischung aus Menschen, die in den vergangenen Jahrhunderten unterschiedlichste Musik geschaffen haben.
Klassik für alle
Clemency Burton-Hill reißt die elitären Mauern ein, die gern um klassische Musik gezogen werden und lädt ihre Leser_innen ein, diesen Schatz für sich zu heben und sich auf neue Hörgenüsse einzulassen.
Durch Streaming-Dienste wie Apple Music oder Spotify, wo sich die entsprechenden Playlisten zum Buch finden (unter dem Suchbegriff: Year of Wonder, z.B. hier die Apple November-Playlist oder hier die Spotify-Liste), oder auch YouTube geht dies heute sehr viel einfacher, sodass man nicht erst darauf warten muss, dass ein Stück in der nächsten Konzerthalle gespielt wird.
Playlisten im Netz
Ich durfte dieses Buch zusammen mit Barbara Neeb und Katharina Schmidt aus dem Englischen übersetzen – und bei mir ist das Konzept von Clemency Burton-Hill voll aufgegangen. Seit dem vergeht kaum ein Tag, an dem ich nicht ein Stück höre oder den Live-Stream aus der Elbphilharmonie anmache oder gar selbst dorthin gehe.
So manch Neues habe ich bereits für mich entdeckt, was ich früher nie für möglich gehalten haben (z.B. die 2. Sinfonie von Rachmaninow) – und ich bin trotz der intensiven Arbeit an dem Buch noch lange nicht durch mit all der Musik. Wahrscheinlich werde ich jetzt jeden Tag dort nachschauen, was ich heute hören könnte … am 24. Oktober beispielsweise schlägt Burton-Hill „Rataplan“ von Maria Malibran vor … also dann, Musik an!